Das neurobiologische Konzept von Dr. Joaquin Andrade
übersetzt von Servatia Geßner-van Kersbergen
mit ihrer ausdrücklichen Erlaubnis darf ich das hier veröffentlichen
In dem folgenden Artikel hat Dr. Joaquin Andrade unter der Überschrift „One more Metaphor: Neurohumoral Mechanism of Tapping“ ein Erklärungsmodell für die Wirkweise der Energetischen Psychotherapie aus neurobiologisch biochemischer Sicht vorgestellt.;dieser Artikel erschien zuerst als Diskussionsbeitrag in der Mailingliste energym von Fred Gallo und ist Teil des Buches, das demnächst unter dem Titel: „In the Hands of the Patient“ erscheint ( mit den Co-Autoren: Maarten Aalberse, Christine Sutherland, Ronald Ruden), und wo dieser Erklärungsansatz ausführlich dargestellt wird.
Joaquin Andrade veröffentlichte zusammen mit David Feinstein eine Studie( Andrade & Feinstein, 2003), wo die Beobachtungsergebnisse von 14 Jahren klinischer Arbeit mit Energietherapiebehandlungen (verschiedene Tapping-Protokolle; auch Vergleich zwischen Akupressur und Akupunktur) bei über 30.000 Patienten in 11 Behandlungszentren in Uruguay und Argentinien z.T. im Vergleich mit kognitv behavioralen Therapie und Medikamenten vorgestellt werden.
Dr. Andrade unternimmt weitere klinische und forschungsbezogene Arbeit zur Evaluierung und wissenschaftlichen Erklärung der Wirkweise Energetischer Psychotherapie; er nennt seinen Ansatz BMSA (brief multisensory activation).
Neurohumoraler Mechanismus des Tappens/Klopfens
Einführung
In der klinischen Praxis wurde beobachtet, dass verschiedene Arten sensorischer Stimulierung bei einigen Menschen und einigen Störungen zu einigen guten Resultaten führen. Die benutzte sensorische Stimulierung ist meistens kinästhetisch, -entweder external oder internal (klopfen, massieren oder bestimmte Stellen auf der Haut halten, einnehmen bestimmter Positionen des Körpers, der Arme und Beine, atmen, etc.), visuell -auch external oder internal (verschiedene Protokolle, die Augenbewegungen einschließen, blinzeln, etc.) und auditiv-verbal, -auch external und internal (zählen, summen, Affirmationen benennen, über irgendetwas sprechen, etc.). Wir haben auch den Nutzen zweier weiterer Sinne untersucht: tasten und riechen als zusätzliche Wege, sensorische Überladung herbeizuführen.
Absolut erforderlich für das Ergebnis ist, dass eine sehr spezifische Repräsentation des Problems (des Kernproblems als Erinnerung, Empfindung, Emotion, Imagination, etc.) genau zu der Zeit, wo die Stimulierungen gemacht werden, im Bewusstsein klar präsent ist. Da die meisten emotionalen Störungen auf diese Techniken hin in kurzer Zeit veränderbar (vulnerabel) sind, haben wir dafür den Begriff „Kurze multisensorische emotionale Interventionen“ vorgeschlagen. Unterschiedliche Metaphern, das „Warum“ zu erklären Die offensichtlichen klinischen Ergebnisse des Tappens/Klopfens wurden durch viele Theorien und Metaphern erklärt, wobei die meisten niemals verifiziert wurden. Die Existenz der so genannten „Meridiane“ und „Punkte“, der Fluss von „Energie“ in ihnen, die „Chakren“, die Existenz von „Imbalancen“ in ihrem Netzwerk, oder „Perturbationen“, etc.
Was haben wir denn wirklich, und was können wir wirklich verifizieren?
Der im 14. Jahrhundert lebende englische Philosoph, Theologe und Franziskanermönch William von Occam (1285-1349) benutzte in seinen Argumenten gegen die päpstliche Macht häufig das sogenannte Sparsamkeits- oder Einfachheits-Prinzip: „Vielfalt sollte nicht ohne Notwendigkeit angenommen werden.“ Dieses Prinzip wird als ein logisches Werkzeug benutzt, um pseudo-erklärende Exzesse auszuschließen und um zwischen verschiedene Erklärungsmodellen zu unterscheiden: man sollte immer die Erklärung eines Phänomens wählen, die am wenigsten Annahmen oder logischen Sprünge erfordert. In einer gegebenen Erklärung hilft uns „Occams Rasiermesser“ die Konzepte, Variablen oder Konstrukte „auszurasieren“, die nicht wirklich notwendig sind, um das Phänomen zu erklären. Wenn wir auf dem neuesten Stand des enormen Informationsbeitrags sind, den uns die Neurowissenschaften in den letzten zehn Jahren geliefert haben, und wenn wir „Occams Rasiermesser“ benutzen in Übereinstimmung mit dem im Feld mathematischer Modelle von Systemen gängigerweise benutzten „Prinzip der Uncertainty-Maximierung“ („Erwartungsnutzen-Maximierungs-Theorem“), welches fordert, bei induktiver Beweisführung, „alle Informationen, aber nicht mehr als die verfügbaren Information zu benutzen“, können wir den Mechanismus des Tappens/Klopfens mit ausreichend wissenschaftlicher Stringenz in ungefähr 80% der Fälle erklären.
Afferente sensorische Stimulierung
Diese Techniken benutzen das somato-sensorische System, das schon 50 Jahre lang bekannt ist: auf der ganzen Hautoberfläche verteilt, aber mit unterschiedlichen Konzentrationen in verschiedenen Arealen, gibt es sensorische Rezeptoren, die darauf spezialisiert sind, alle Arten mechanischer Stimuli wahrzunehmen, umzuwandeln und an das ZNS zu senden: die Mechanorezeptoren (Pacini, Meissner, Ruffini, Merkels Scheiben, freie Nervenenden, etc.). Mechanische Stimulierung an diesen Arealen (klopfen, berühren, halten, reiben, etc.) wird in digitale Signale überführt mittels Calcium-Ionen (Guo, Miao, Shang,etc.), die über afferente somato-sensorische Bahnen zum Gehirn wandern. Die Rolle von Ca-Ionen bei der Signal-Übermittlung kann durch die Suppression von Signal- Registrierung nach der lokalen Injektion eines Chelatbildners demonstriert werden (Andrade u.a., vorläufige Studien). Eine Sache, worüber wir uns sicher sein können, ist dass wir jedes Mal, wenn wir tappen/klopfen oder irgend eine andere Art mechanischer Stimulierung an irgendeinem Hautareal vornehmen, die Mechanorezeptoren involvieren. Bei anderen Arten von Interventionen, wie z.B. die „Schlüsselbein-Atmung“, Ausführung von Energie-Korrektur und Wayne Cook Position, findet auch eine Involvierung von Golgi-Mazzoni-Muskel-Propriozeptoren statt und eine Ankopplung an freie Rezeptoren.
Die Leitbahn
Auf dem Weg über regionale Nervenstränge, A Beta myelinisierte Axone, die in dorsalen Wurzeln und Ganglien (I Neuron) enden, erreicht das Signal die Medulla. Wegen höherer und niedrigerer Gabelungen und Verzweigungen innerhalb und zwischen verschiedenen Hautbereichen können Stimuli, die von verschiedenen anatomischen Orten ausgehen, auf derselben Leitbahn zum Gehirn ankommen, was teilweise erklären könnte, weshalb verschiedene Klopfprotokolle ganz ähnliche Ergebnisse erzielen können… Diese Signale wandern aufwärts durch die Medulla, folgen auf der gegenüber liegenden Seite dem medialen Lemniscus (II Neuron) und auf derselben Seite dorsal entlang der Medulla und erreichen dann den Thalamus, wo sie eine synaptische Verbindung herstellen zu den anteroposterioren lateralen Kernen und schließlich über cortico-thalamische Neuronen zum somatosensorischen Cortex am Parietallappen aufsteigen: den vier Brodman Arealen: 3b, 3a, 1 und 2. Der Thalamus moduliert den afferenten sensorischen Input, je nachdem den Fokus erweiternd oder verengend, um die Übermittlung in relevanten Bereichen zu verstärken und die unter diesen Umständen irrelevanten Signale zu hemmen. Vom Thalamus, insbesonders von seinem auditiven Areal (Ledoux, Woodson) werden Neuronen zur Amygdala aktiviert, die eine synaptische Verbindung mit hemmenden GABA-Interneuronen der lateralen Kerne der Amygdala herstellen.
Im ZNS
Von da wandern die Signale zu corticalen Bereichen höherer Hierarchie, einschließlich dem präfrontalen Cortex, und zu tieferen limbischen Strukturen, die eine wichtige Rolle spielen bei der emotionalen Modulierung. Verschiedene Gehirnstudien mit bildgebenden Verfahren (Hui et al, Andrade et al, vorläufiger Bericht) haben wiederholt gezeigt, dass bei verschiedenen Arten mechanischer Stimulierung der Haut ein Fluss von Signalen in mindestens zwei verschiedenen Gehirnarealen außerhalb des sensomotorischen Cortex registriert werden:
ZUNAHME der AKTIVITÄT in den orbitofrontalen Regionen und am posterioren Thalamus; und ABNAHME der AKTIVITÄT in mindestens ELF tieferen Strukturen, von welchen einige hoch involviert sind bei emotionaler Verarbeitung: Hippocampus, Parahippocampus, Hypothalamus, Amygdala, Putamen, Nucleus caudatus, anterior insula, Gyrus cinguli anterior, ventrale tegmentale Area, Nucleus aumbens und Temporalpol. Die Amygdala agiert wie ein paralleler Prozessor, indem sie in einem ihrer Subsysteme, den basolateralen Kernen (wo die Stimuli, die die Angst-Reaktion konditionieren, gespeichert werden) monosynaptische Projektionen aus dem dorsalen Hippocampus, dem Thalamus und dem Cortex empfängt. Das andere wichtige Subsystem der Amygdala ist der centrale Nucleus, der efferent Signale zu verschiedenen Hirnarealen sendet, die an den autonomen verhaltensbezogenen Angstreaktionen (wie fight, flight, freeze- die Übers.) beteiligt sind. R. Ruden bemerkt, dass, da der centrale Nucleus der Amygdala Signale an verschiedene mit Stress, Trauma, depressiven Verstimmungen und Suchtverhalten in Beziehung stehende ZNSStrukturen sendet, Reaktionen auf die Klopf-Interventionen zu diesen Problemen vorhersagbar sind, streng gegründet auf die Existenz dieser neuronalen Leitbahnen.
Gefühle wahrnehmen
Tatsächlich erhöht das Wahrnehmen einer Emotion oder das Aufrufen einer emotionalen Erinnerung der Vergangenheit, wie wir das tun, wenn wir uns auf das Problem einstimmen, die Aktivität der Amygdala und anderer limbischer Strukuten, wie leicht mit verschiedenen bildgebenden Verfahren demonstriert werden kann. Indem wir die traumatische Erinnerung aufrufen (einschließlich einzelner herausragender visuellen, kinästhetischen, auditiven, olfaktorischen und taktilen Wahrnehmungen), bringen wir diese Erinnerung in einen labilen Zustand, der empfindlich für Störung/Unterbrechung ist, worauf schon vor vier Jahren von einer Gruppe von Forschern zu Angststörungen im Labor von Prof. LeDoux an der NY. University (Muller, Izquierdo, Brioni, Nader, Schafe, Debiec und andere) hingewiesen wurde. Um den stabilen Zustand der Erinnerung aufrechtzuerhalten, ist die Proteinsynthese in den basolateralen Kernen der Amygdala erforderlich. So ist also die Rekonsolidierung nach Aktivierung und folglicher Labilisierung der Reiz-Reaktions- Verbindung ein proteinsyntheseabhängiger Zustand. Die Forscher injizierten den Proteinsyntheseblocker Anisomycin (aniso), um eine Neukonsolidierung zu verhindern und somit wurde die Stimulus-Reaktionsverbindung der Erinnerung unterbrochen.
Wenn ich nun eine traumatischen Erinnerung aufrufe, die in der Lage ist, Angstsymptome zu produzieren und die Aktivität der Amygdala und anderer Strukturen zu erhöhen, und „diesen erhöhten Aktivitätszustand“ (durch Fokusierung- die Übers.) halte, und zu den selben Hirnarealen emotional neutrale sensorische Wahrnehmungen schicke (wie das Klopfen auf der Haut), dann wirken diese neutralen sensorischen Signale, die in der Lage sind, die Aktivität der Amygdala zu senken, auf die nicht so neutralen Wahrnehmungen, die Teil der traumatischen Erinnerung sind, und -wahrscheinlich durch synaptische Hemmung (Senken der Aktivität)- disorganisieren, interferieren, neutralisieren den zuvor aktivitätserhöhten emotionalen Zustand und heben seine symptomgenerierende Fähigkeit auf. Bandlers empirische Arbeit zu Submodalitäten weist darauf hin, dass, wenn wir die sensorische Wahrnehmung einer traumatischen Erinnerung verändern, die symptomgenerierende Kraft dabei schwächer wird, manchmal fast augenblicklich. Flint weist auch darauf hin, dass sensorische Stimulierung und andere Interventionen wie Process Healing wirken, indem sie einen Lernprozess, der in Teilen auch neurologischer Art ist, hervorrufen, der die Beziehung zwischen traumatischer Erinnerung und Emotionen verändert. Die Labilität und Vulnerabilität, die Erinnerungen erhalten, wenn sie aufgerufen werden, hat wahrscheinlich zwei evolutionäre Zwecke: erstens die Möglichkeit der progressiven Generalisierung der Response, während neue Verknüpfungen gemacht werden können, was die Überlebenswahrscheinlichkeit erhöht, und zweitens die Möglichkeit, die Aufmerksamkeit auf relevante Aspekte der Umwelt zu richten, was auch hilft Gefahren zu vermeiden oder zu neutralisieren (Ekman, Frijda, Izard, Derryberry und Tucker). Es ist nicht so, dass Erinnerungen (in unserem Zusammenhang traumatische Erinnerungen) ausgelöscht werden, was, -wie gezeigt durch jüngste Forschungen von Lattal, Abel u.a. am Penn`s Dept. of Biology)- kaum vorkommt. Eher ist es so, dass die Erinnerungen gespeichert bleiben, aber dass sie die Kraft, Symptome hervorzurufen, verloren haben im Sinne einer Unterbrechung der Reiz-Reaktions-Verbindung.
Die Interventionen:
Aus einer neurohumoralen Perspektive haben alle Klopf-Interventionen zwei verschiedene Komponenten: 1.Reaktivierung der Erinnerung, um sie einer Auflösung zugänglich zu machen, und 2. gleichzeitige sensorische Überladung, die afferent modulierte Signale sendet, auch sensorisch in ihrer Art aber mit null emotionaler Bedeutung. Diese Signale wahrscheinlich disorganisieren, überladen, interferieren, neutralisieren die Erinnerung, die ihre symptomgenerierende Kraft verliert, auch wenn sie nie gelöscht wird. Verschiedene Augenbewegungen, auditiver und verbaler Input, genau so wie Geruchs- und Geschmackssignale folgen einem ähnlichen Modell, indem sie über kürzere und weniger komplizierte neuronale Pfade wandern. Ruden legt nahe, dass die sensorischen Interventionen die Signalübermittlungen zwischen den basolateralen und centralen Kernen der Amygdala unterbrechen und so die Generierung/Hervorrufen der Fight-und Flight-Symptome blockieren. Es ist möglich, dass die Neurotransmitter GABA, Serotonin und der intraneuronale sekundäre Botenstoff Nitrous Oxid durch komplexe Feedback- und Feedforward-Schleifen eine entscheidende Rolle bei diesem Mechanismus spielen. Vielleicht zeigen deshalb Labortests bei verschiedenen Angststörungen erhöhte Werte von Norepinephrin und niedrige Werte von GABA und Serotonin. Das GABA System insbesondere spielt eine entscheidende Rolle bei der Angstkontrolle. Es ist bekannt, dass Benzodiazepine an spezifischen Stellen der GABA-Rezeptoren ankoppeln und die wechselseitige Anbindung verstärken, was eine Aktivierung der Cl-ionischen Kanäle mit sich bringt, und wir wissen, dass der GABA-Agonist Musicimol die Angstreaktion hemmt (Muller, Izquierdo, Brioni, Stork). Da die meisten funktionalen Geschehnisse im ZNS gleichzeitig in der Abfolge ionisch oder chemisch sind, wobei Depolarisationen fast immer begleitet werden von Bewegungen von Cl-, Na-, K-, Ca-Ionen und von Erhöhungen oder Absenkungen von Neurotransmitter-Konzentrationen, wird dieser Mechanismus neurohumoral genannt.
Wofür:
Die neurohumorale Theorie des „Klopf“-Mechanismus ist nichts anderes als eine andere Metapher. Sie schließt andere Erklärungen nicht aus. Sie hat sechs verschiedene Vorteile:
1.) Sie ist auf klassische Konzepte und den neuesten Stand der Forschung über das ZNS gegründet.
2.) Sie spricht die Wissenschaftssprache und wird vollkommen akzeptiert von Fachleuten der Medizin, Psychologie und anderen Wissenschaftlern.
3.) Sie folgt Occams Rasiermesser, bemüht sich um logische Kohärenz.
4.) Sie bietet viele Wege für weitere Forschung an.
5.) Sie gibt logische Erklärungen für Rückfälle.
6.)und genau so auch dafür, wenn keine Reaktion (Nonresponder) erfolgt.
Übersetzung von Servatia Geßner-van Kersbergen
Zusammenfassung des Textes von Andrade: Jeder, der mit Energetischer Psychotherapie/EFT © Erfahrungen hat, weiß um die auch für erfahrene Praktiker oft noch überraschend schnelle und kreative Lösung von Ängsten, dysfunktionalen Affekten, u.a. Problemen. Eine unserem westlichen Verständnis von wissenschaftlicher Erklärung entsprechende konsistente Theorie dafür gibt es noch nicht, wenn auch einzelne Elemente eines „energetischen Erklärungsansatzes“ nachgewiesen werden konnten, -z.B. auch im Zusammenhang mit der Erforschung der Wirkweise der Akupunktur, die nach entsprechender Prüfung durch einen wissenschaftlichen Beirat zunehmend erweiterter Indikation in den Leistungskatalog der Krankenkassen übernommen wurde. Um die Energetische Psychotherapie aus dem Dunstkreis von Esoterik, okkulter Energien o.ä. zu nehmen und als seriöses psychotherapeutisches Verfahren, das nachprüfbare, vorhersagbare Ergebnisse zu liefern in der Lage ist, in die wissenschaftliche Fachöffentlichkeit zu bringen, argumentiert Andrade in seinem Artikel dafür, an Erklärungsmodelle anzuknüpfen, die dem neuesten Stand neurobiologischer, biochemischer Forschung entsprechen und in der wissenschaftlichen Öffentlichkeit anerkennt sind. Andrade führt aus, dass wir bei der Klopfakupressur als Klopfpunkte die Areale der Haut benutzen, die mit besonders vielen Mechanorezeptoren ausgestattet sind, die nachweislich zu den Arealen im Gehirn intensive neuronale Verbindungen haben, die an den psychischen Verarbeitungsprozessen in besonderer Weise beteiligt sind, wie das limbische System (mit Hypothalamus, Amygdala, Hippocampus, etc.- also im tieferen und hinteren Bereich des Gehirns) und der präfronatle Cortex (im vorderen Bereich des Gehirns). Aus der Hirnforschung mit bildgebenden Verfahren (z.B. funktionale MagnetresonanztomografiefMRT) wissen wir, dass bei traumatischen Erinnerungen, Angst, Schmerz, eine Übererregung im limbischen System und eine Hemmung im Bereich des präfrontalen Cortex stattfindet. Andrade u.a. konnten durch ihre Forschung nachweisen, dass durch die Stimulierung spezifischer Akupunkturpunkte und durch sensorische Stimulierung verschiedener Art (klopfen, Augenbewegungen, summen, zählen, andere verbale Äußerungen, u.ä.) eine Reduzierung der Über-Aktivität im limbischen System und eine Zunahme der Aktivität in den orbitofrontalen Bereichen des Gehirns, (also eine Tendenz in Richtung einer Normalisierung der Hirnaktivitäten) ausgelöst wird. Dazu wissen wir aus der neurobiologischen Forschung, dass das Aufrufen einer traumatischen Erinnerung eine Destabilisierung und Labilisierung der traumatischen Reiz-Reaktions-Verknüpfung mit sich bringt, so dass das die Verbindung von Angstreaktion (Fluchtverhalten, Aggression oder Erstarrung) mit dem Reiz (das Erinnerungsbild) einer Auflösung zugänglich wird. Wenn nun der sensorische Input gleichzeitig im Moment des Aufrufens der traumatischen Erinnerung erfolgt, kann diese sensorische Überladung mit emotional neutralen Reizen (klopfen, etc.) die Lösung der Verbindung mit der Angstreaktion unterstützen und auf dem Wege selbstorganisatorischer Prozesse neue funktionale Verknüpfungen (etwa im Sinne neuer positiver Glaubenssätze, u.ä.) ermöglichen. Das Erinnerungsbild bleibt gespeichert, verliert aber seine symptomerzeugende Kraft. Unterstützt wird dieser Prozess durch biochemische Mechanismen (neurohumoral), die bei der Angstkontrolle eine wichtige Rolle spielen.
Summary: Servatia Geßner-van Kersbergen
Dr. Ronald Ruden, Co-Autor des Buches von Joaquin Andrade, beschreibt als diesen Mechanismus noch differenzierter und detaillierter. Sein Artikel „A Neurological Basis for the Observed Peripheral Sensory Modulation of Emotional Responses” erschien in der
Fachzeitschrift “Traumatology”; Ruden sagt, er könnte auch betitelt werden mit: ”Why Energy Psycholgy Works from a Western Perspective“.
Dieser Artikel ist unter
http://www.energypsych.org/displaycommon.cfm?an=1&subarticlenbr=27 abrufbar.
Details
Geschrieben von Kerstin Warkentin
Veröffentlicht: 10. Dezember 2014